Pantanal – auf der Pirsch nach dem Jaguar

Da auch unsere Reisezeit begrenzt ist, müssen wir manchmal Entscheidungen treffen, wohin wir fahren, was wir auslassen. In diesem Fall hieß es Flora oder Fauna, Natur oder Tiere – und das bedeutet: Amazonas oder Pantanal. Wir entscheiden uns für den Pantanal, dem größtem Süßwasser-Sumpfgebiet der Erde. Mit 230.000 Quadratkilometer ist die Region so groß wie Portugal, Holland, Belgien, Slowenien und die Schweiz zusammen (nur mal für alle, die noch keine Vorstellung haben, wie groß Brasilien ist). Nirgendwo lassen sich so viele Tiere beobachten wie hier: Aras, Kaimane, Wasserschweine, Anakondas, Riesen-Otter, vor allem aber den berühmten Jaguar!

Von unserer von blauen Aras umflatterten Lodge am Rio Miranda unternehmen wir jeden Tag Bootstouren, bei Sonnenaufgang, bei Sonnenuntergang, in der brütenden Hitze des Vormittags und Nachmittags, auch nachts, wenn die Augen der Tiere im Licht des Suchscheinwerfers reflektieren. Der Pantanal ist kein Zoo, man weiß nie, was die Natur für einen bereithält. Natürlich wollen alle den Jaguar sehen, doch im Juni machen diese Raubtiere sich rar. Was uns zunächst nicht weiter stört. Es gibt so viel zu sehen! Vor allem aber erleben wir das langsame Tuckern auf dem Fluss als extrem entspannend. Man sollte jedem gestressten Europäer mit Burnout eine Woche Pantanal verschreiben. Wir schweigen, schauen, schweigen, ab und zu hält unser Führer Max das Boot an, zeigt auf Vögel, eine schwimmende Wasserschwein-Familie, einen trägen Kaiman am Ufer. Wir entdecken kleine Alligatoren-Babys, keine vier Wochen alt, pfeifende Otter (die einzigen Tiere der Gegend, die dem Jaguar gefährlich werden können), leider auch zwei tote Kaimane, die von Fischern illegal geschossen wurden, um ihnen den Schwanz abzuschneiden. Der gilt hier als Delikatesse. Unser Führer Max mag die Fischer nicht, sie hätten keinen Respekt vor der Natur, sagt er, werfen ihre leeren Bier- und Schnapsflaschen in den Fluss.

 

Mit der Zeit wächst dann doch das Verlangen, endlich einen Jaguar zu sehen – zumal die junge Holländerin, die eben erst angereist ist, schon bei ihrer ersten Bootstour einen entdecken durfte! Am letzten Morgen stehen wir noch einmal vor Sonnenaufgang auf, schippern den Fluss entlang zu der Stelle, wo das Tier als letztes gesichtet wurde. Plötzlich große Aufregung, Max steuert das Boot ans Ufer, deutet flüsternd auf eine Stelle. War da was? Max hat den Jaguarkopf gesehen! Und wir? Wir wissen bis heute nicht, ob der huschende Schemen, der sich für eine Sekunde zeigte, wirklich ein Jaguar war. Wenn wir die Augen schließen, sehen wir ihn.

Anmerkungen der BEvA: Das Pantanal ist genau mein Ding. Man hört nur die Geräusche des Dschungels, und der kann wirklich laut sein. Wundervolle Vögel wohin man blickt, Tiere, Tiere, Tiere. Ich wusste gar nicht mehr, dass mich selbst das Beobachten von Vögeln wirklich erden kann. Wer braucht da schon einen Jaguar. Obwohl - ehrlich, als nach 2 Tagen die Packpacker nach nur einer Bootstour bereits das seltene Tier zu Gesicht bekommen haben, muss ich gestehen, dass ich schon ein wenig neidisch war. Gefühle, die man sich in dieser schönen Umgebung nicht gerne eingesteht. Es war auch nur ein kurzer Moment (mein Gatte würde sagen: Ein Abend und ein Morgen). Was wir mal wieder verschweigen ist, dass wir kurz eine Krise hatten, als neben unserer Cabana junge Brasilianerinnen und Brasilianer anfingen lautstark zu feiern, wo wir doch Ruhe wollten. Wir kamen uns alt und spießig vor. Was wir wohl auch sind. Insgesamt aber: Pantanal - ein geheimes Paradies.